Rickmer Peter Krohn (1807 – 1881) berichtet – In der Kirche auf der kleinen Insel Helgoland hängt ein Schiffsmodel, von dem wir … ein Bild wiedergeben. Das Model wurde von dem alten Besitzer und Master des Originals gestiftet, und er hat in der Kirche ein Dokument deponiert, das bei aller Treuherzigkeit viele interessante Auskünfte über die Gefahren und Schwierigkeiten gibt, die mit der Fahrt auf dem großen Meer in jenen Tagen verbunden waren.
Unser Gewährsmann berichtet, dass er selbst die Kirche besucht hat und vom dortigen Pfarrer die Erlaubnis erhielt, das Dokument zu kopieren, das für ihn besonderes Interesse hat, da er mütterlicherseits von dem Spender abstammt. Es lautet wie folgt…
Geschichte des Votivschiffes
der ehemaligen Evangelischen Kirche von Helgoland
Mein Vater, P. Krohn, wurde 1715 geboren und wohnte auf Helgoland, meine Mutter war Peerke P. Krohn, geborene Clausen. Mein Bruder Ri[c]kmer Krohn war vormals Schiffskapitän und fuhr auf Portugal und Spanien. Von dem geehrten Lehrer Høivik lernte ich Rechnen und Schreiben, von meinem Onkel, Pastor Krohn, Pfarrer auf Helgoland, lernte ich Geometrie, Trigonometrie und Algebra, und von dem braven Herrn John Gottlob Busse, Ratsherr auf Helgoland, ein Mann, der in Theorie und Praxis wohl bewandert war, erhielt ich Kenntnis von der Seefahrt.
In den Jahren 1787 bis 1790 fuhr ich mit meinem Onkel, Kapitän Erik Jacob Franz und mit Skipper Jakob Oelriks und Skipper Claus Jacob Magerman … zur See um zu fischen und gab jedes halbe Jahr meinen guten Eltern meinen Verdienst. 1793 beschloss ich, mein Glück in fremden Ländern zu suchen. ich verließ Helgoland mit einem Taler in der Tasche, eine Summe, die damals mein ganzes Vermögen ausmachte. Ich fuhr als Matrose und Steuermann bis 1797 und unterstützte meine alten Eltern von meinem geringen Lohn soweit dies in meiner Macht stand.
Als ich 22 Jahre alt war, machte ich meine erste Reise als Kapitän auf der dänischen, mit Kupfer beschlagenen Fregatte Alexandrine, bewaffnet mit 12 Stück 4 Pf. Kanonen – von Hamburg nach London; von da nach Sankt Domingo und Jamaica. In Domingo verlor ich 7 Mann am gelben Fieber, und in Kingston auf Jamaika 9 Mann. Ich hatte auch das gelbe Fieber in Jamaikaund war der einzige, der überlebte, von 19 Erkrankten.
Zwischen Sankt Domingo und Jamaika geriet ich in Kampf mit einem französischen, mit Jacobinern besetzten Räuberkriegschiff, das mit 12 Kanonen und vielen Männern bewaffnet war. Wir kämpften mit ihm 2 3/4 Stunden, und ich bekam während der Action eine Büchsenkugel in einen meiner Schenkel und als sie ihr Schiff an unsere Seite anlegten, um zu entern, einen Säbelhieb über die Hand. Ich gewann allerdings das Scharmützel, aber ich konnte es nicht mitnehmen, da ich 4 Tote und 16 Verwundete hatte. Nach glücklicher Ankunft in Hamburg machte ich noch eine Reise nach Sankt Domingo, als Kapitän auf dem Schiff „Johanna“ und kam von dort glücklich zurück, nachdem ich nur 4 Mann verloren hatte.
Nach meiner Rückkehr hörte ich von meiner Mutter, dass mein guter Vater gestorben war, und weil mein seliger Vater meiner guten Mutter nichts hinterlassen hatte, gab ich ihr die 100 Taler, die von meinem Verdienst übrig waren, und die mein ganzes Vermögen waren. Ich unternahm daraufhin wieder eine Reise mit dem gleichen Schiff nach Martinique und zurück nach Hamburg. In Martinique verlor ich 3 Mann am gelben Fieber. 1797 machte ich eine Reise nach Sankt Thomas und zurück nach Hamburg. Ich verlor dann am gelben Fieber 7 Mann. 1798 ging ich als Kapitän und Supercargo [Ladungsoffizier] mit der Hamburger Fregatte „Kornelius“ nach Tranquibar in Ostindien. Von da nach Isle de France und Lissabon. Von da ging ich wieder nach Charleston und dann zurück nach Hamburg. Ich verlor insgesamt 13 Mann am gelben Fieber in Charleston. Als ich an Helgoland vorbeifuhr, bekam ich an Bord Besuch von meiner Familie, aber das hatte zum Resultat, dass alle die ganze folgende Nacht auf den Sanddünen in Karantäne liegen mussten.
Im Jahr 1800 machte ich eine Reise von Hamburg nach Charleston und zurück in der kurzen Zeit von 16 Wochen. 1801 machte ich eine Tour nach Isle de France und 1803 nach Kopenhagen. 1804 vermählte ich mich mit meiner jetzigen Frau, und mit ihr habe ich bis jetzt 6 Kinder, zwei Söhne und vier Töchter. Meine Frau ist Frederike Cornelia geb. Voss. Ende des Jahres 1804 übernahm ich das Kommando auf dem Hamburger Schiff „Agatha und Cecilia“, 320 Lasten gross und mit 16 Kanonen bestückt und mit einer 64 Mann starken Besatzung. Ich machte damit meine vierte Reise nach Ostindien und zurück nach Hamburg. Bei meiner Rückkehr veröffentlichte die hamburgische patriotische Gesellschaft „für Kunst und Gewerbe“ die von mir verbesserten Seetagebücher und Seekarten für Ost- und Westindien in den dortigen Zeitungen, und ich wurde von dieser Gesellschaft als Ehrenmitglied aufgenommen. Alle meine Reisen habe ich mit Gottes Hilfe hin und zurück glücklich vollbracht und ich habe keinen Schiffbruch erlebt. Von 1807 – 16 lebte ich mit meiner Familie in Ruhe, und 1816 kaufte ich, um Beschäftigung zu haben, Schiffe und liess sie für meine Rechnung unter hamburger Flagge segeln. Jetzt bin ich Schiffsreeder und besitze vier gute, grosse Schiffe. Gott gebe, dass viele der Meinigen es weiter bringen mögen. Das ist der herzlichste Wunsch von Nicolaus Peter Krohn.
Einige Zeit, nachdem der alte Kapitän dieses niedergeschrieben und das Modelschiff gestiftet hatte, geschah ein trauriges Ereignis, nach dem, was der Pastor der Kirche berichtete. Krohns größtes Schiff, „Frederice Cornelia“, war mit einer reichen, auf Kosten des Eigentümers in Amerika eingekauften Last, wohlbehalten und glücklich in Hamburg angekommen, wo die Ladung verkauft werden und dem Reeder grosse Einkünfte bringen sollte. Weil alle Leute an Bord ihre Pflicht auf der ganzen Reise voll und ganz erfüllt hatten, sollte für sie auch bei der Ankunft ein fröhliches Fest veranstaltet werden. Sie wurden reichlich traktiert, sowohl mit Essen als auch besonders mit Getränken. Im Festrausch war ein Matrose mit dem Feuer unvorsichtig und an Bord brach eine heftige Feuersbrunst aus. Sowohl das Schiff als auch die Ladung gingen in jener Nacht verloren. Der alte Schiffsreeder wurde durch den harten Schlag, der ihn traf, so angegriffen, dass er erkrankte und kurze Zeit nach der Katastrophe starb. Schon in jungen Jahren hatte er seinen eigenen Sarg in Form eines Schiffes bereitstehen. Auf den Sarg hatte er ein grosses silbernes Schild montieren lassen mit folgender Inschrift: „Mit diesem Schifflein fahr‘ ich hin, wo ich noch nie gewesen bin.“
(Zwischenüberschrift von der Redaktion)
Lieber Herr Elster,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Zu Ihrem Wunsch, Bilder der Südkantine oder der Hansa VI zu sehen kann ich auf unsere Doppel CD “ 120 Jahre deutsches Helgoland“ vom Museum Helgoland hinweisen,
worauf u.a. diese Objekte zu sehen sind.
Sie kostet 18,- kann über PC oder DVD Gerät abgespielt werden und ist bei mir erhältlich.
Mit freundlichem Grüß
Erich-Nummel Krüss
e-Mail: nummelkruess@aol.com
Guten Tag,
eine schöne Seite, die mir als Helgolands Gast die jüngere Geschichte und seine Einwohner etwas näher bringt.
Gerne hätte ich Bilder der alten Südkantine, die es leider nicht mehr gibt, und der Boote ‚Angast‘ und ‚Hansa VI‘ im damaligen Zustand gesehen. Ich vermute, dass es sich dabei um ehemalige Räumboote handelte?
Möge Helgolands Atmosphäre nicht ganz durch Windparks auf See zerstört werden!!!
Mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt am Main
Udo Elster